Einführung in die Altorientalische Musiktherapie
Am 26. Mai 2025 verwandelte sich der bis auf den letzten Platz gefüllte obere Saal der Kornblume in einen Raum der besonderen Klänge, der Stille und der inneren Einkehr. In einer stimmungsvollen Atmosphäre erhielten die Teilnehmenden eine faszinierende Einführung in die altorientalische Musiktherapie – eine jahrhundertealte Heilkunst, deren Wurzeln bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen.
Judith Kuschel führte einfühlsam in diese tief spirituelle und heilsame Tradition ein. Ihre persönliche Reise begann vor über 20 Jahren, inspiriert durch die Gedichte des persischen Mystikers Djelal-ed-din Rumi. Auf der Suche nach tieferem Verständnis begegnete sie dem Musikethnologen, Sufimeister und Psychologen Dr. Oruc Güvenc in Istanbul – einem der großen Wiederentdecker und Wegbereiter dieser Therapieform. Judith absolvierte eine umfassende Ausbildung bei ihm und bringt diese besondere Form der Musikheilkunst heute unter anderem in der Hospizarbeit zur Anwendung.
Dass Musik heilen kann, wussten die Menschen schon im Altertum. Im alten Orient wurde die Musiktherapie eng mit der Medizin verbunden – Ärzte beobachteten und dokumentierten die spezifischen Wirkungen von Tonfolgen und Rhythmen auf Körper und Seele. Durch Pulsdiagnostik und achtsame Beobachtung konnten sie gezielt Musik „verordnen“. Auch die Umgebung war Teil dieses ganzheitlichen Heilansatzes: Krankenhäuser – sogenannte Sifahane – waren Orte mit Rosengärten, Brunnen und heilsamer Architektur, die Körper, Geist und Seele gleichermaßen ansprachen.
An diesem besonderen Abend wurden die Zuhörenden in diese Welt mitgenommen – mit originalen Instrumenten wie der Ney (Schilfrohrflöte mit tief mystischer Symbolik), der Dombra (rhythmisches Begleitinstrument), der Kopuz (eine Vorläuferin der Oud) und der Rebab (eine türkische Streichlaute mit Pferdehaarsaiten). Ein befreundeter Arzt, Dr. Reinhard Rapp aus Stuttgart, bereicherte die Einführung mit spannenden medizinischen Hintergründen.
Ein besonderes Element des Abends war das Plätschern von Wasser – als Symbol für den Heilbrunnen aus früheren Zeiten. Das Wasser wurde achtsam in Bewegung gehalten und diente als akustischer Anker, der viele Teilnehmende tief berührte und ihnen half, gedanklich loszulassen.
Nach der Einführung legten sich die Gäste mit dem Kopf zu den Musikern gewandt hin und lauschten etwa 30 Minuten lang den wohltuenden Klängen – ohne visuelle Ablenkung, ganz bei sich selbst. Die Instrumente wurden in bewusst gewählter Reihenfolge gespielt, begleitet von der Dombra und dem beruhigenden Klang des Wassers.
Ein Zitat von Andrea A. Güvenc bringt das Erlebnis wunderbar auf den Punkt:
So wie ein Fluss fließt, kann auch eine Melodie fließen. Beide sind mit Energie verbunden … und können zu großer Harmonie und einem Gefühl des Vertrauens führen.
Dieser Abend war ein stilles Geschenk. Tief entspannend, inspirierend und heilend – ein Erlebnis, das in Erinnerung bleibt und nach Wiederholung ruft.